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14.06.2021 08:50 - Ein Wochenende in Italien
Ein Freund wollte in Venezia Kaffee trinken
Ein guter Freund von mir wollte seit Langem nach Italien fliegen.
Er war schon in dem Avioresort "Al Casale" vor ein paar Jahren, als er nach Capua geflogen ist, um sein Flugzeug abzuholen, aber damals war er nur ein Passagier, denn er hatte gerade die Lizenz erworben, und ihm fehlte noch komplett die Erfahrung für einen Alpenflug.
Ich habe dann die Flugpläne vorbereitet, und wir haben entschieden, von Kamenz Samstag Nachmittag zu starten, damit wir die Alpen etwas spät anfliegen konnten.
Leider war dieses Wochenende der direkte Weg (Kamenz - Passau - Mautendorf - Pontebba - Al Casale) nicht machbar. Samstag Vormittag war in Südbayern das Wetter grenzwertig, und nachmittags ist es so in Österreich geworden.
Wir haben dann entschieden, die Westroute zu fliegen, also über den Brennerpass, denn dieser Weg war laut Deutscher Wetterdienst sowohl am Samstag als auch am Sonntag machbar.
Der Weg war also: Kamenz - Deggendorf (zum Tanken) - Trento (Tanken + Kaffee trinken) - Al Casale.
Bis Trento kannte ich den Weg schon, denn ich bin vor zwei Jahren schon mit meiner Frau über diese Route geflogen. Die Flugpläne waren schon fertig und, nach der Erfahrung von vor zwei Jahren, haben wir entschieden, gleich nach dem Start in Deggendorf zu steigen.
Um das zu machen, mussten wir den Luftraum C von München durchfliegen. Da wir allerdings schon einen Flugplan hatten, wurde das gleich genehmigt, so dass wir ganz entspannt über den Alpen bei einer guten Höhe waren.
Selbstverständlich, um das zu machen, muss man in der Lage sein, Kurs und Höhe ziemlich exakt zu halten, aber wir sind beide erfahrene Piloten, und das war für uns nicht schwer.
Wir kommen also in Österreich und gleich sagt der Lotse von Wien, dass wir sofort Innsbruck Radar anrufen sollen, damit wir weiter die Höhe halten und den Luftraum D von Innsbruck durchfliegen. Das hatte ich auch schon erwartet, denn es ist mir auch vor zwei Jahren passiert.
Wir sind dann direkt zum Brennerpass über die Alpen geflogen, die noch vom Schnee bedeckt waren. Mein Freund hatte einen Pullover schon an und hat dann auch noch die Heizung eingeschaltet...
Am Brennerpass, laut Plan, rufen wir Bolzano an, denn Padova ist von dort nicht erreichbar, dann fliegen wir weiter nach Trento.
Da haben wir wieder getankt und das wunderbare Schokosoufflè im Restaurant Galloway direkt am Flugplatz gegessen.
Nun fängt die "unbekannte" Route an, also Trento - Al Casale, auf dem direkten Weg. Das erste, was wir machen mussten, gleich nach dem Start, war ein paar Mal zu kreisen, um Höhe zu gewinnen, dann endlich bei 6500 ft verlassen wir das Tal und steuern in Richtung Aviano.
Dort hätten wir den Militärflugplatz anrufen sollen, um den Durchflug der Kontrollzone genehmigen zu lassen, aber die Lotsen von Aviano waren auf keiner ihrer Frequenzen erreichbar.
Nach mehreren Versuchen haben wir endlich die Lotsen von Padova erreicht und haben erfahren, dass die Leute von Aviano schon Feierabend haben, die Kontrollzone ist geschlossen und wir dürfen weiterfliegen. Das war aber nicht so einfach zu klären, denn der Lotse von Padova spricht ein sehr schlechtes Englisch...
Der Flug bis Al Casale hat 50 Minuten gedauert, und es war sehr entspannt, außer dem Funk. Die Landung war sehr schön, und das Avioresort ist absolut phantastisch. Ich kann es allen empfehlen, und ich wundere mich überhaupt nicht, dass es international bekannt ist.
Die Zimmer sind sehr schön und für 65 € pro Nacht mit Frühstück sogar preiswert. Der Koch ist wunderbar, und wir haben sehr, sehr gut gegessen!
Sonntag früh, während des Frühstücks, haben wir das Meteo geprüft und gesehen, dass Venezia Lido machbar ist. Wir bitten dann den Sandro (den Inhaber des Avioresorts) um ein paar Empfehlungen und starten.
Der Weg ist fast direkt, nur mit dem Umweg über den Meldepunkt "Lido di Jesolo", alles ziemlich tief geflogen, aber dort ist die Landschaft sehr tief und das war absolut unproblematisch.
Die Landung war nicht meine beste. Wegen der Thermik und der hohen Temperatur sind wir etwas "gesprungen".
Der Flugplatz ist sehr schön, aber 33 € für eine Landung auf der Graspiste sind, meiner Meinung nach, ziemlich viel.
Unglaublich aber, wie viele deutsche Flugzeuge auf dem Vorfeld geparkt waren!
Nach dem "Pflichtbesuch" in Piazza San Marco kommen wir zum Flugplatz zurück und starten in Richtung Trento. Der Weg war Venezia Lido - Porto di Malamocco - Piove di Sacco - Trento.
Der Freund wollte über Venezia fliegen, um ein paar Fotos zu machen, aber da wir keinen Flugplan hatten, wurde der Überflug leider nicht genehmigt.
Dann eben das nächste Mal...
Nach Piove di Sacco haben wir Padova gefragt, ob es möglich ist zu steigen, denn die Alpen näherten sich. Nach fünf Versuchen zu verstehen, was der Lotse sagen wollte, haben wir verstanden, dass das Steigen genehmigt wurde, und wir mussten uns melden, bevor wir in das Tal einfliegen.
Die Landung in Trento war exzellent, und wir haben wieder sehr, sehr gut im Flugplatzrestaurant gegessen.
Nach dem Tanken öffne ich die Flugpläne und wir starten nach Deggendorf.
Das war nicht trivial, denn der Leewind hat uns nach unten gedrückt, als wir steigen wollten. Ich hatte den Plan so gemacht, dass wir entlang des Tales fliegen sollten und so hatte ich es auch auf meinem Tablet.
Mein Freund konnte mein Tablet, das ich auf meinem Kniebrett hatte, nicht sehen und ist stur dem Strich gefolgt, den er zwischen Trento und Deggendorf auf seinem Tablet gezogen hat. Ich habe ein paar Mal versucht den Weg zu korrigieren, aber ich hatte viel mit dem Funk zu tun und konnte nicht noch viel mit dem Freund sprechen.
Dann sind wir auf 11000 ft gestiegen und haben es geschafft, den Brennerpass zu erreichen. Nach der Landung in Kamenz habe ich aber dem Freund gesagt, dass man im Alpengebiet nicht einfach stur über den Strich auf dem Tablet fliegen darf... Er hat das zugegeben und wir werden das nächstes Mal besser machen.
Am Ende sind wir wieder nach Deutschland gekommen und haben das Alpengebiet verlassen. Wir fragen wieder den Lotsen, ob es möglich ist, den Luftraum von München zu durchfliegen und landen gut in Deggendorf.
Schnell tanken und kurze Toilettenpause, nach einer Viertelstunde sind wir wieder in der Luft, denn die Zeit rennt, und 20 Uhr schließt der Flugplatz in Kamenz...
Der Flug von Deggendorf nach Kamenz ist sehr einfach und fast auf der geraden Linie. Ich kann nicht viel davon erzählen.
19:30 Uhr landen wir in Kamenz und können das schöne Wochenende damit beenden.
Wir werden sicherlich wieder zusammen nach Italien fliegen, denn die Landschaft ist sehr schön, und der Überflug der Alpen (wenn das Wetter gut ist) ist ein wunderbares Erlebnis.
Man muss allerdings den Flug sehr gut planen und diesem Plan auch gut folgen, sonst hat man nur Probleme...
Die Krönung: Bei der Rückfahrt von Kamenz nach Dresden wurde am Radio die Italienische Sinfonie von Felix Mendelssohn-Bartholdy ausgestrahlt...